BRUNNEN
Stein und Bronze, 1984, Marktplatz
In den 1980er Jahren wurde das Westersteder Stadtbild erheblich modernisiert. In diesem Zusammenhang wurde auch der Marktplatz umgestaltet und Alice Peters-Ohsam aufgefordert, eine Brunnenanlage zu entwerfen. Sie entwickelte eine kreis- und stufenförmige Anlage, die aus einem Becken mit einer runden Steinplatte besteht. Diese dient als Sockel für die Fontänenanlage, die aus Bronze gegossen wurde. Zentral ist eine hohe Fontäne platziert, um die herum fünf kleinere Fontänen in einem äußeren Kreis arrangiert sind.
Auf einer weiteren, unterhalb gelegenen Ebene wird das herunter sprudelnde Wasser in kleinen Becken aufgefangen, bevor es in den Kreislauf des Brunnens zurückgeführt wird. Alice Peters-Ohsam hat sich bei der künstlerischen Gestaltung des Brunnens von natürlichen Wasserläufen inspirieren lassen. Die Oberflächenstruktur dieser Anlage erinnert an die Rückstände von herabfallendem Wasser und die Fontänen assoziieren Wildwasserbäche im Gebirge oder auch Geysire, die voller Wucht aus der Erde emporschnellen.
Das Zurückhalten des Wassers in den Becken ist ein Symbol für die sich immer wieder erneuernde Natur, die ständig in Bewegung ist.
DIE MARKTFRAU / „OMA APEN“
Bronze, 2012 (nach einem Entwurf der 1980er Jahre), Marktplatz
Am Fuß der Kirche, der Ort, an dem traditionell die Marktplätze angesiedelt waren, sitzt die überlebensgroße Figur einer korpulenten Frau breitbeinig und wenig damenhaft auf einem Haufen Kartoffelsäcken. Die Arme hält sie vor dem Bauch verschränkt und auf dem Schoß abgestützt. Der Kopf ist leicht nach oben gereckt, ihr Blick weist in die Ferne. Um sie herum stehen am Boden Körbe mit Waren, die sie auf dem Markt anbietet: Ferkel, Hühner und Eier. Wir beobachten diese Frau in einem Moment des Innehaltens, in dem sie nicht mit dem Marktgeschehen befasst zu sein scheint. Wir schauen mit dem Blick der Künstlerin auf diese Marktfrau, die uns hier teilhaben lässt an ihrem Blick auf die eigene Großmutter, die sie als Mittelpunkt der eigenen Kindheit empfunden hat.
Diese „Oma“ strahlt Ruhe, Beständigkeit und Sicherheit aus. Künstlerisch erzielt Alice Peters-Ohsam diese Wirkung durch den reduzierten Naturalismus und die geschlossene Konzeption der Figur, deren Volumen schwer und kompakt auf einem Sockel ruht.
Die Plastik wurde 2012 im Auftrag der Stiftung für Kunst und Kultur in der Stadt Westerstede gegossen und an ihrem heutigen Standort aufgestellt.
STEHENDES MÄDCHEN
Bronze, um 1960, Thalenweide hinter der Bibliothek
Diese frühe Arbeit von Alice Peters Ohsam steht in der Tradition Aristide Maillols, der als Antipode von Auguste Rodin für monumental vereinfachte Einzelfiguren bekannt ist, die kompakt und zum Außenraum hin abgeschlossen sind. Seine weiblichen Figuren strahlen Erotik und Weiblichkeit aus, bleiben in ihren Physiognomien aber anonym.
Die „Stehende“ steht in dieser Nachfolge.
Die Figur des jungen Mädchens erinnert in ihrer archaischen Darstellung zunächst einmal an eine ägyptische Schreitfigur. Im Gegensatz zu diesen ist ihr Kopf aber nach vorne gerichtet, blickt dabei allerdings nicht geradeaus. Vielmehr schaut sie vorsichtig nach unten zu ihrem linken Fuß, der eine Schrittbewegung nach vorne macht.
Das Mädchen ist eine Aktfigur. Ihr Körper ist der einer jungen Heranwachsenden mit sehr weiblich idealen Formen. Ihre Gesichtszüge bleiben anonym, die Haare sind stilisiert. Der Betrachter erlebt einen Kontrast zwischen der schönen Figur einer jungen Frau und der vorsichtigen, ängstlichen Vorwärtsbewegung, die sich andeutet. Entscheidend ist, dass dieser Schritt über die Sockelgrenze in den Realraum des Betrachters hinüber reicht. Die Plastik thematisiert damit das Erwachsenwerden, das Ängste und Verunsicherung bedeutet und dennoch tapfer bewältigt wird.
Die Plastik wurde 2006 von der Stiftung für Kunst und Kultur in der Stadt Westerstede angekauft.
TRAUERNDE
Klinker, 1958, Thalenweide
Dieses Mahnmal zum Gedenken an die Toten der beiden Weltkriege wurde 1961 in Westerstede aufgestellt. Es besteht aus zwei überlebensgroßen Frauenfiguren aus Klinker. Diese stehen ohne Sockel nebeneinander, dem Betrachter frontal gegenüber. Die linke Figur hat beide Hände vor das gesenkte Gesicht gehoben, während die Rechte ihre Hände verhalten im Schoß übereinander hält und mit schwerem Blick in die Ferne schaut.
In Gestik und Anordnung erinnern die Figuren an das Mahnmal „Das trauernde Elternpaar“ von Käthe Kollwitz (1932). Im Gegensatz zu Kollwitz verzichtet Peters-Ohsam aber auf Sockeluntersätze. Ihre Figuren stehen auf gleicher Ebene wie der Betrachter, durch nichts von ihm getrennt.
Dabei sind sie, auch im Gegensatz zu Kollwitz, ohne Individualität und somit anonyme Stellvertreter für viele Trauernde, die durch den Krieg Verluste erleiden mussten. Bemerkenswert ist dabei, mit welch reduzierter Formensprache Peters-Ohsam Gefühle zeigt und hervorruft, ohne Anklage zu erheben oder zur Glorifizierung aufzurufen. Stattdessen schafft sie ein Mahnmal von hoher Würde und Allgemeingültigkeit.
TROMPETER
Bronze, um 1990, An der Krömerei 2, rückwärtige Gartenanlage
Der Trompeter steht mit breiter Beinstellung, so dass er einen sicheren Stand auf seinem Sockel hat. Schlank strebt sein Körper empor, dynamisch reckt er sich nach oben. Seine Arme greifen weit in den Raum, halten eine Trompete an seinen Mund.
Da der Kopf weit in den Nacken gelegt ist, ragt das Musikinstrument ebenfalls hoch hinaus. Voll Energie bläst er das Instrument, dessen Musik wie eine Fanfare in die Welt hinaus schallt. Der positiven Lebensenergie, die diese Plastik verströmt, ist es vermutlich geschuldet, dass die Bremer Krebsgesellschaft den Trompeter als Motiv für einen Preis wählte, den sie für herausragende Leistungen auf dem Gebiet der Forschung in den Jahren von 1983 bis 2001 alle zwei Jahre verliehen hat.
Die Plastik wurde nach der Restaurierung der „Krömerei“, dem ältesten Wohnhaus Westerstedes, 2013 in der Gartenanlage hinter dem Gebäude aufgestellt. Sie ist Eigentum der Stiftung für Kunst und Kultur in der Stadt Westerstede.
MUSIZIERENDE
Bronze, 1990 aufgestellt, Postplatz
Der Postplatz ist ein turbulenter Verkehrsknotenpunkt in Westerstede. Die Gruppe der Musizierenden ist Teil eines Gesamtkonzepts, das diesen Platz städtebaulich aufwerten und für die Bürgerinnen und Bürger attraktiver machen sollte.
In der Hektik des Alltags stoßen wir auf zwei Mädchen, die miteinander musizieren. Eins spielt Mundharmonika, das andere Flöte. Sie sitzen auf einer Steinbank, vor ihnen plätschert Wasser in einem Brunnen, hinter ihnen gewährt eine Rotbuche Schutz. Die beiden sind einander zugewandt und bilden damit eine Gruppe, obgleich jede für sich vertieft ins eigene Spiel ist.
Beide Figuren strahlen eine tiefe, konzentrierte Innerlichkeit und meditative Ruhe aus. Die glatte Oberfläche der Plastiken und die anonymen Gesichtszüge unterstreichen diese Wirkung. Der Betrachter ist aufgefordert, die Einladung zur Kontemplation anzunehmen, inne zu halten und die Hektik des Alltags vorbei ziehen zu lassen.
Alice Peters-Ohsam selbst schlug die Gruppe als Teil der Neugestaltung des Platzes vor, um ihm mehr Beschaulichkeit zu verleihen.
ALICE PETERS-OHSAM
Geboren 1929
Geboren in Apen, hat Alice Peters-Ohsam ihre Kindheit in Westerstede verbracht. Nach einer Schneiderlehre nahm sie das Studium der Bildhauerei an den Hochschulen in Hamburg und später in Nürnberg auf. Hier, wie auch bei zahlreichen Studienaufenthalten im In- und Ausland, setzte sie sich mit den Kunstströmungen ihrer Zeit auseinander. Seit 1958 lebt sie in Bremen. Dort, wie auch anderswo befinden sich viele Arbeiten, sowohl im öffentlichen Raum als auch in privaten Sammlungen. 2010 hat Alice Peters-Ohsam der Stiftung für Kunst und Kultur in der Stadt Westerstede ihr künstlerisches Werk übergeben.
Das Werk von Alice Peters-Ohsam spiegelt die Bipolarität der Bildhauerei des 20. Jahrhunderts wider: Während viele Bildhauer, ausgehend von August Rodin, den Weg in die Abstraktion gingen und neue Wege suchten, sich mit ihrer Umgebung auseinander zu setzten, wählten andere wie Lehmbruck, Marcks oder Heiliger die naturalistische Darstellung und setzten
damit nicht weniger wichtige Meilensteine in der Entwicklung der Bildhauerei.
In diesem künstlerischen Spannungsfeld arbeitete Alice Peters-Ohsam. Für jede Aufgabe, die sie sich selber stellte oder die an sie heran getragen wurde, suchte sie die geeignete künstlerische Ausdrucksform.
Daher umfasst ihr Oeuvre zum einen eine große Anzahl gegenständlicher Arbeiten, welche die menschliche oder die kreatürliche Figur thematisieren. Zum anderen gibt es abstrakte Anlagen, die die Umgebung, in der sie stehen, gekonnt ergänzen.
Das bildhauerische Oeuvre von Alice Peters-Ohsam umfasst insbesondere Bronze- und Betonplastiken sowie Reliefs.